Walfahrt

17,99 €

Über den Wal, die Welt und das Staunen. Bei jeder Bestellung gratis: Widmung oder Grüsse nach Wunsch – und eine Grusskarte mit den tollen Illustrationen von Aki Röll.

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In diesem Buch geht es um mehr, als die bloße Entwicklung vom Stubenhocker zum Weltentdecker und Walforscher. »Walfahrt« ist eine begeisterte und begeisternde Einladung, die menschliche Existenz mal ein bisschen aus dem Zentrum der Weltwahrnehmung zu rücken und sich stattdessen auf die kleinen und großen Wunder der Meere einzulassen ...
 
 

Theresa wollte Orcas sehen, damit ging es los. Kanadische Westküste, Sommer, zehn Jahre her. Schon als Kind war es ihr Traum gewesen, Walforscherin zu werden, sie hatte sogar Visitenkarten. Ich glaube, Free Willy war schuld. Irgendwann kam ihr das richtige Leben dazwischen – Arbeit, Termine, Verpflichtungen, Hobbys – und die Wale blieben ein Traum. Die kanadische Westküste war nun die unverhoffte Gelegenheit, ihn zumindest noch ein bisschen zu erfüllen. Nirgendwo auf der Welt kann man so gut Orcas beobachten wie dort, das haben sie da zumindest alle ständig gesagt. Haben wir also eine Orcatour gebucht.

Als wir an Bord gingen, erzählte uns eine gut aufgelegte Australierin, dass dies schon ihre vierte oder fünfte Whale-Watching-Tour sei. Sie habe bereits in Australien, Kalifornien und Island Wale beobachtet, und jedes Mal sei es wirklich wahnsinnig aufregend gewesen, immerhin seien Wale ja die faszinierendsten Tiere überhaupt, und heute sei sie also noch mal GANZ BESONDERS aufgeregt, denn Orcas habe sie leider noch nie gesehen, aber hier, da würde es nun ganz bestimmt klappen, schließlich könne man nirgendwo auf der Welt so gut Orcas beobachten wie hier, das sei ja allgemein bekannt.

Wir haben dann noch weiter geplaudert, sie schien ja insgesamt recht nett, auch wenn sie natürlich verrückt war, das stand fest, wer macht schon vier oder fünf Whale-Watching-Touren. Zwar steht auf jeder vernünftigen bucket list, dass man einmal im Leben einen Wal gesehen haben sollte, von vier- oder fünfmal steht da aber sicher nichts, Wal ist Wal, das habe ich ihr aber lieber nicht gesagt, es ging dann ja auch los.

 
 
 
 

Die Tour war schön. Wir haben ein paar Orcas gesehen, es war sehr aufregend, Theresa war selig, und ich war vor allem froh, dass sie keinerlei Anstalten gemacht hatten, unser winziges Bötchen zum Kentern zu bringen und uns aufzufressen. Ich hatte mich vorab etwas eingelesen und erfahren, dass Orcas die mit Abstand schlauesten und gefährlichsten Raubtiere der Meere sind, ich war daher auf alles vorbereitet – die Situation war dann aber jederzeit unter Kontrolle.

Mit dem guten Gefühl, dieses Abenteuer überlebt und die Sache mit den Walen nun also abgehakt zu haben, ging es zurück an Land.

Ein paar Jahre später musste ich dann feststellen, dass das womöglich voreilig gewesen war. Die Sache mit den Walen schien doch nicht ganz abgehakt, sie hatte sich, im Gegenteil, eher ausgeweitet und verselbständigt, und möglicherweise war sie mittlerweile auch komplett außer Kontrolle geraten – es war insgesamt nämlich so, dass Theresa und ich seit der Orcatour in Kanada keine einzige Reise mehr unternommen hatten, bei der es NICHT um Wale ging, und unterwegs hatten sich irgendwie auch unsere Rollen vertauscht, denn immer öfter kam nun Theresa mit, weil ICH irgendwo Wale beobachten wollte.

Diese Entwicklung war schleichend, ich habe sie nicht gleich kommen sehen. Das hat sich einfach so ergeben.

 
Für eine kurze Ewigkeit stehen ihre Fluken senkrecht in der Luft. Ein letzter Gruß unter Giganten. Langsam gleiten sie in die Tiefe hinab. Zurück bleibt eine kreisrunde, glatte Fläche im Wasser, der Flukenabdruck. Dann sind sie verschwunden.
 
 

Vor den Walen war ich immer gern zu Hause gewesen, es ist schön dort, ich lese viel, mir hat nichts gefehlt. Die vielen Ausflüge in die Natur kamen auch für mich überraschend, ich musste mich erst wieder mühevoll einarbeiten, eigentlich bin ich für draußen auch gar nicht gemacht. Dachte ich zumindest. Es ist nicht so, dass ich erst jetzt die Natur für mich entdeckt hätte, die war schon auch vorher da, klar, allerdings ist das lange her, und vielleicht hatte ich sie zwischendrin auch vergessen.

Ich komme vom Land, ein Meer war als Kind nicht greifbar – dafür gab es Tümpel, Teiche, Wiesen und Wälder, und von klein auf habe ich mich mit allem beschäftigt, das irgendwie paddelt, schwimmt und taucht. Ich habe Frösche, Kröten, Molche und Salamander gefangen, sie im selbst gebauten Terrarium im Garten untergebracht und dort stundenlang beobachtet. Nach ein paar Tagen habe ich sie freigelassen und durch neue Exemplare ersetzt, die Fütterung in Gefangenschaft war für beide Seiten nie sehr zufriedenstellend verlaufen. Ich besaß alle möglichen Bücher und kannte alle heimischen Arten, wusste sogar die lateinischen Namen. Ich war neun, vielleicht zehn.

Wie bei allen Kindern war die Faszination für die Natur auch bei mir bereits fest angelegt. Im Fernsehen liefen Grzimek und Sielmann, und als Arendt und Schweiger sich in Neuseeland ihren schönen Unimog von einer Horde neugieriger Keas zerlegen ließen, war für mich eindeutig bewiesen, dass »Tierforscher« der beste Beruf der Welt sein müsste. Irgendwie habe ich das aber aus den Augen verloren, wahrscheinlich kam auch bei mir bloß das richtige Leben dazwischen. Wie bei Theresa.

Es ist möglich, dass die Wale auch für mich eine unverhoffte Gelegenheit waren, etwas nachzuholen, auch wenn ich gar nicht wusste, dass es da vielleicht etwas gab. Es ist vermutlich auch reiner Zufall, dass es in diesem Buch nun um Wale geht. Auch Braunbären, Papageientaucher und Schildkröten wären denkbar gewesen, das ist mir unterwegs immer wieder mal aufgefallen. Statt der Orcas hätte sich Theresa damals nur eine andere Tour wünschen müssen – die weitere Geschichte wäre wahrscheinlich ähnlich verlaufen.

 
 
 
 

Ich glaube, bei mir geht es vor allem ums Staunen. Ich bin ganz gut im Staunen, es macht großen Spaß. Und bei Walen ist es leicht. Man weiß fast nichts über sie, und das, was man weiß, ist kaum zu glauben. »We just don’t know«, war einer der häufigsten Sätze, die ich von einem berühmten Walforscher gehört habe, den ich später eine Woche lang im Boot begleiten durfte. Kein einziges Mal klang er dabei resigniert, immer nur total fasziniert, dabei macht er das seit vierzig Jahren.

Ich habe unterwegs für mich festgestellt, dass es kein Tier gibt, das mich so sehr mit Ehrfurcht und Demut erfüllt wie der Wal. Keines ist so groß, so stark, so eindrucksvoll und gleichzeitig so fragil, verletzlich und abhängig von unserem Handeln. Die Begegnung mit dem Wal ist der natürliche Anlass, die eigene Einstellung zur Welt und zum Leben zu überdenken. Und dabei vielleicht auch wieder zu lernen, sich ein bisschen weniger wichtig zu nehmen. Sich einzureihen. Und die Natur übernehmen zu lassen.

Wie wahnsinnig gut sie das kann, habe ich in diesem Buch aufgeschrieben.

 
 
 
 

Oliver Dirr, Jahrgang 1978, war viele Jahre Redaktionsleiter bei den Magazinen Neon und Nido, heute gibt er auf whaletrips.org Hunderttausenden Wal-Fans Tipps für ihre eigene Walfahrt. Er lebt mit seiner Familie in München und im Allgäu. »Walfahrt« ist sein erstes Buch.

 
 
 

Bei jeder Bestellung gratis: Widmung oder Grüsse nach Wunsch – und eine Grusskarte mit den tollen Illustrationen von Aki Röll.

 
 

Wenn gewünscht, bekommt ihr euer Exemplar gern auch mit persönlicher Widmung oder einem kleinen Gruß vorne im Buch. Bitte schreibt dafür bei der Bestellung im Shop einfach auf der Seite, auf der ihr auch eure Lieferadresse angebt, unten in das kleine Anmerkungs-Feld, welche Widmung oder welchen Gruß ihr gern vorn im Buch stehen hättet. Zu allen Buch-Bestellungen erhaltet ihr außerdem eine von vier Grußkarten mit den sehr, sehr schönen Illustrationen von Aki Röll, die auch im Buch zu sehen sind.

»Walfahrt – Über den Wal, die Welt und das Staunen«

Verlag Ullstein, Berlin | Umfang 312 Seiten, broschiert | Illustrationen Aki Roell | Fotos Oliver Dirr | 1. Auflage 31.03.2022 | ISBN 978-3-86493-185-7